Foto von einer Hand, die einen Stift hält und schreibt. Ein Kaffee daneben.

Wie sich in einer Krankenhaus-Cafeteria mein Leben veränderte

Immer tiefer rutsche ich auf meinem Stuhl, während ich mir noch ein Bonbon in den Mund schiebe. Heute bin ich nicht mal zum Essen gekommen. Es ist 19:20 Uhr. Im fünften Meeting des Tages ist mir fast schlecht vor Hunger. Ich denke: „Wieder ein sinnloses Meeting, während sich auf meinem Schreibtisch die Textarbeit stapelt – und unsere Kunden bezahlen diese Zeitverschwendung …“.

In meinem Kopf dreht sich alles: Soll ich kündigen? Aber ist das klug, wo ich doch erst seit einem halben Jahr Kreativdirektorin bin – inklusive rotem Sportflitzer und einem schwindelerregenden Gehalt? Was sagen meine Chefs dazu? Wie macht sich das im Lebenslauf? Und gibt es in anderen Agenturen keine 70 Stunden-Wochen? Ich zögere.

Die Vollbremsung

Gefühlt von 200 km/h auf 0 bremst mich kurz darauf eine stressbedingte Darmentzündung aus. Am fünften Tag im Krankenhaus schleiche ich mit meinem Infusionsständer frustriert über den Flur. Wie soll es beruflich nur weitergehen?
In der Cafeteria teile ich meine Gedanken mit Susanne, einer Grafik-Kollegin. „Warum arbeitest du nicht freiberuflich?“ fragt sie. Bingo! Das ist es: Ich wechsle nicht die Agentur, sondern mache mich selbstständig. Dann erspare ich mir die Nachtschichten und meinen Kunden die Kosten für völlig unnötige Meetings!

Der erlösende Satz

10 Tage später. Ich bin ziemlich nervös als ich meinen Chefs die Kündigung auf den Tisch lege. Gefühlt minutenlang herrscht Stille im Raum. Bis einer knurrt: „Dann textest du eben frei für uns“. Mir fällt ein tonnenschwerer Stein vom Herzen.
Am 1. August 1999 starte ich als Freiberuflerin, am Küchentisch in meiner Münchner Hinterhof-Dachwohnung.
Effizientes Arbeiten wird mein Prinzip. Niemals sollen meine Kunden für verplemperte Zeit bezahlen!